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4/9/2014

Meisterhaft: Agendasetting statt Themenmanagement

Seit einigen Tagen gibt es das Buch Systemische Organisationsentwicklung: Change und Organisationskultur gemeinsam gestalten zu kaufen. Für mich als Mitautor war das nicht nur ein Meilenstein im Sinne von „wieder etwas geschafft“. Es markiert einen Kristallisationspunkt in meiner Berufsbiographie. Viele versuchen sich durch eigene Inhalte („Agendasetting“) von anderen abzuheben. Anderen gelingt es, kontemporäre Themen gut zu managen („Themenmanagement“) und auf die Bühne zu bringen. Ich persönlich finde, dass Bernd es mit diesem Buch gelungen ist, eine Agenda im Feld der Organisationsentwicklung zu setzen. In diesem Blogartikel lesen Sie Hintergründiges zu den Inhalten, zur Entstehung und den aktuellen Weiterentwicklungen.

Es begann mit einer Anfrage meines Mentors Bernd Schmid, ob ich nicht etwas zu einem Buch beitragen wolle, das ein Stück unseren Ansatz der systemischen Organisationsentwicklung am ISB charakterisiere. Das „ja“ kam mir schnell über die Lippen, doch mir wurde schnell klar, dass das mehr als nur das Ausspeichern  eigener Gedanken in eine sinnstiftende Ordnung ist, die man nebeneinander legt. Es war mehr eine Lernchance. Ich bin froh und dankbar dass ich in der Entstehung des Buches, Bernd in seiner jetzigen Lebensphase mehr erleben konnte.

Er sprudelt seine Gedanken und Ideen in die Welt, dass es nur so eine Freude ist, dies zu beobachten. Dabei sind es keine losen Assoziationen, sondern Gedankengebäude, die solide „Landkarten“ mit der „Landschaft“ da draußen verbinden, so dass bei mir immer wieder der Effekt auftritt: „Warum habe ich das bisher nicht so gesehen?“ Steve Jobs nannte dieses Phänomen in seiner Rede in Stanford 2005 „Connecting the dots“. Bernd macht das sicher nicht so, wie es die halbe Welt bisher getan hat. Und dabei geht es ihm noch nicht einmal darum, es hauptsächlich anders zu sehen. Ich meine ihn so zu kennen, dass er sehr werteorientiert an seine kreative Schöpferarbeit geht: Mit dem Anspruch, etwas nützliches in die Welt zu setzen. Dass diese Kreationen dann oft einen Unterschied erzeugen oder anderen helfen diesen zu erzeugen, ist ein nicht unerwünschter Nebeneffekt, aber in der Erfindung nicht das Kernmerkmal. Es geht zwar immer auch darum, die PS auf die Straße zu bringen, aber vor allem geht es um die Straße und die Richtung in die ein Konzept entwickelt wurde, nicht um durchdrehende Räder und qualmende Reifen.

Die Entstehung des Buches und der Beiträge sind charakteristisch für die Arbeit am ISB. Die Einzigartigkeit jedes Autors ist gewürdigt und gewünscht. Jeder Besuch dort wird von allen immer zum fachlichen Dialog genutzt - und Bernd spricht mit allen. Dadurch sind vielfältige Perspektiven auch aus praktischer Sicht auf ein Thema möglich. Und obwohl die vielfältige Umsetzung und Anwendung durch Lehrtrainer und Teilnehmer gewünscht ist, hat Bernd eine uns alle verbindende Klammer entwickelt, die mehr als nur den Stand der Dinge im Feld der OE beschreibt. Wir haben das Glück und die Herausforderung, die Konzepte immer wieder in die Praxis zu tragen und sie auch am Institut zu lehren. Es sind allerdings keine Rezepte, die ein heiteres Berufsleben versprechen und alles federleicht zum Abschluss und zum Erfolg führen. Vielmehr sind es Perspektiven, die immer wieder helfen, sich neu zu verorten und zu einer reflektierten Positionierung führen mit dem Ziel eine höhere Wirksamkeit zu erzielen. Auch hier gilt nicht, dass Wirksamkeit gleich Erfolg ist. Ein Beispiel liefert das Kapitel 13: „Wie viel Mensch? Wie viel Organisation?“ Ich denke es macht deutlich, dass es trotz und gerade wegen einer humanistischen Grundeinstellung wichtig ist, die Organisationsperspektive mitzudenken und nicht vor lauter Menschenliebe auszuschließen. Organisationen lassen sich ohne Menschen nicht denken. Menschen ohne Organisationen allerdings auch nicht. Wie so oft geht es dabei um das rechte Maß, um ungünstige Welten- und Kompetenzspaltungen zu vermeiden.

Der für mich wesentliche Kern unseres Ansatzes am ISB hat Bernd jedoch in Teil I des Buches auf den Punkt gebracht: OE als Entwicklung menschlicher Systeme. Die vergleichsweise wenigen Worte beschreiben prägnant um was es geht. Ich weiss nicht, ob es den Lesern auch so geht, dass die Umsetzung dieser Konzepte auch nur in Ausschnitten Jahre dauern wird. In meinem Unternehmen sind wir dazu unterwegs und nehmen diese Richtungsweisung sehr ernst. Denn wir sehen die Auswirkungen unserer Beratungsarbeit und haben längst noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Ich denke, dass man sich von jedem Perfektionsanspruch lösen sollte, wenn man sich so mit dieser Materie beschäftigt. Denn in jeder Anwendung der Positionen und Prinzipien entsteht wiederum neues Wissen. Manchmal bedauere ich, dass Bernd dem Ganzen keinen hochtrabenden Namen verliehen hat, oder seine Konzepte eindeutig gegen andere Vorgehensweisen abgrenzt. Dann könnte man sich vielleicht besser positionieren. Allerdings könnte man dann auch nicht mehr so gut kooperieren und in Organisationen mit unterschiedlichen Reifegraden ankoppeln um sinnvoll zu arbeiten. Und ja: Die Anwendung ist und bleibt Arbeit und professioneller Dialog.

Neben vielen inhaltlichen Klärungen hat die Entstehung des Buches auch große Auswirkungen auf die Arbeit am ISB als Lehrtrainer: Wir alle sind in der Durchführung unserer Curricula sehr aufeinander bezogen und auch noch stärker im Dialog mit unseren Teilnehmern. Die Freude an der Entwicklung und das vertiefte Verständnis hat dazu geführt, dass wir ein weiteres Curriculum für erfahrene Berater, Coaches und Organisationsentwickler entwickelt haben, die bereits eine systemische Ausbildung und Berufserfahrung im Feld haben, um sich innerhalb eines Ausbildungsjahres mit den Konzepten des ISB vertraut zu machen. Nach vielen Jahren in der Beraterausbildung trauen wir uns eine kompakte Ausbildung zu, die wir gerne mit Teilnehmern durchführen, die in ihrer Selbsteinschätzung schon einen relativ hohen Reifegrad durch ihre eigene Ausbildungs- und Berufsbiographie mitbringen. Wir möchten als Lehrtrainer insbesondere für eine gute Integration unserer Inhalte in bereits bestehende professionelle Landkarten sorgen. Für uns ist dies eine Ausbildung auf hohem Niveau, die als Erstausbildung bzw. zum Start in ein Berufsleben im Bereich Organisationsentwicklung und Change Management nicht geeignet ist. Es ist eine Weiterentwicklungsmöglichkeit für Professionelle.

Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Webseite des isb und bei system worx.

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