Der Corporate Culture Survival Guide

Kurzbeschreibung

Mit seinem Buch „Organisationskultur“ hat Edgar Schein ein Grundlagenwerk zum Thema Organisationskultur geschaffen. Darin fasst er wesentliche Konzepte, Modelle und Landkarten aus seiner langjährigen Erfahrung und theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema Organisationskultur zusammen und untermalt sie mit praktischen und konkreten Beispielen aus seinen eigenen Unternehmenskontexten. Die wesentlichen Prinzipien, die er mit Blick auf die gezielte Steuerung der Kulturentwicklung zusammen fasst, stellen wir hier als Inspiration vor.

Zielsetzung

Ziel ist es Führungskräfte, OrganisationsentwicklerInnen und BeraterInnen, die Organisationskultur(en) begreifen, besprechbar machen und gezielt gestalten und entwickeln wollen, zu inspirieren. Mit der Zusammenfassung des letzten Kapitels aus dem Buch von Edgar Schein geben wir Kulturgestaltern hilfreiche Prinzipien für die Kulturentwicklung in Unternehmen und Organisationan die Hand, die auch uns in unserer Arbeit als systemische Kulturentwickler leiten.

Kontext

„Kultur ist tief, breit und stabil. Man kann sie nicht leicht nehmen.

Wenn Sie Kultur nicht steuern, steuert die Kultur Sie,

ohne dass Sie sich dessen bewusst sind.“ (Schein, S.173)

In seinem neunten und letzten Kapitel„Wahrheiten für denjenigen, der Kultur im Unternehmen professionell steuernwill“ fasst Schein sechs Wahrheitenüber Kulturentwicklung zusammen. Statt einfachen Interventionen und enormenVereinfachungen, formuliert er Prinzipien, um „realistisch mit den kulturellenKräften umgehen“ (ebd.) zu können und – in Anlehnung an den Untertitel desBuches – in Unternehmenskulturen nicht nur zu überleben, sondern sieprofessionell zu steuern.

1. Wahrheit: Was ist Kultur?

Kultur kann verstanden werden als die unausgesprochenen Annahmen, die von allen Organisationsmitgliedern geteilt werden und sie in ihrem Denken und Verhalten beeinflussen. In einer Metapher gesprochen ist Kultur die Musik, die keinerhört, zu der aber dennoch alle tanzen.

Kultur ist dabei das Ergebnis und zugleich der Prozess von sozialem Lernen. Alles, was sich über längere Zeit als funktional erweist, wird zu einem wichtigen Kulturelement. Kultur kann folglich nicht geschaffen oder übergestülpt werden, sondern verinnerlicht sich über die Zeit. Jene Denk- und Verhaltensweisen, die dazu beitragen, die primären Aufgaben der Organisation erfolgreich zubewältigen, werden tradiert und gefestigt.

Die Elemente, die eine Unternehmenskultur ausmachen, werden im Laufe der Zeit zu Selbstverständlichkeiten und werden nicht mehr wahrgenommen. In Anlehnung an die  Eisberg-Metapher nach Schein kann man sagen: Die kulturellen Elemente gelangen immer weiter unter die Wasseroberfläche und machen dort den Großteil des Eisbergs aus. Jedoch können diese unausgesprochenen Annahmen, Glaubenssätzen und Mythen wieder ins Bewusstsein der Organisationsmitglieder geholt und zusagen an die Wasseroberfläche gebracht werden.

2. Wahrheit: Was deckt Kultur ab?

Kultur wirkt sich auf alles und jeden in der Organisation oder den Unternehmen aus. Alles, von der Vision, Mission und Strategie über Strukturen und Prozesse bis hin zu unserem Bild von Menschen, Arbeit und Führung ist kulturell geprägt.

Einen objektiveren Blick auf Kulturen können daher nur Personen von außen einnehmen. Externe Berater können helfen, die wesentlichen Kulturelemente zu identifizieren.

3. Wahrheit: Wie lässt sich die Kultur entziffern?

Kultur ist ein kollektives, soziales Phänomen, das sich nur „entziffern“ und erheben lässt, indem Menschen darüber sprechen. Es müssen Räume geschaffen werden, in denen die unausgesprochenen Erwartungen und Annahmen bewusst gemacht und aus- bzw. angesprochen werden können. Kultur kann nur durch Dialog und Austausch sicht- und besprechbar gemacht werden, statt durch quantitative und qualitative Umfragen.

Hilfreich ist es zudem, Kultur mit Abstand bzw. von außen zu betrachten. Insbesondere im Kontakt mit anderen Kulturen werden einem Elemente und Eigenheiten der eigenen Kultur bewusst. Dieses Phänomen kennt man vor allem von Reisen ins Ausland. Übertragen auf Unternehmenskulturen lässt sich das durch die Perspektive externer Beraterinnen, Learning Journeys in andere Unternehmen und Kontexte oder auch die Arbeit mit Kollegen aus anderen Bereichen, Unternehmen und Branchen bewirken.

4. Wahrheit: Was sind Transformationsmechanismen?

Jede Kulturveränderung ist ein grundlegender Transformationsprozess, bei dem alte Denkmuster und Verhaltensweisen verlernt bzw. umgeformt und neue Muster verinnerlicht werden müssen.

Ein wesentlicher Mechanismus, damit eine solche Kulturtransformation gelingt, liegt in dem Verhältnis von „Überlebensangst“ und „Lernangst“. Schein zufolge, muss das Gefühl der Notwendigkeit für die Veränderung (Sense of Urgency) größer sein als die Sorge davor, sich im Zuge der Veränderung vorübergehend inkompetent und ohne Zugehörigkeit zu fühlen.

Einerseits geht es also darum, die Mitglieder der Organisation verstehen und spüren zu lassen, dass die aktuellen Denk-, Verhaltens- und Arbeitsweisen nicht mehr funktional sind und entsprechend nicht mehr zur eigenen Zielerreichung beitragen. Andererseits geht es darum die psychologische Sicherheit zu erhöhen. Je sicherer ich mich trotz unsicherer Umstände fühle, desto eher bin ichbereit, die Veränderung mitzugehen und sogar mitzugestalten.

5. Wahrheit: Wie lässt sich Kultur verändern?

Schein nennt sechs Mechanismen, durch die Kulturen sich entwickeln können und/oder verändert werden können, die man unterschiedlich beeinflussen kann (Schein, S. 176):

  1. Allgemeine Entwicklungen durch Anpassung an die Umwelt
  2. Entstehung spezifischer Untergruppen durch Anpassung an die unterschiedlichen Umfelder
  3. Gesteuerte Evolution als Folge kultureller „Einsichten“ auf Seiten der     Unternehmensleitung
  4. Gesteuerte Evolution durch Ermächtigung ausgewählter hybrider Manager aus Subkulturen, die besser an die aktuellen Realitäten angepasst sind
  5. Geplanter und gelenkter Kulturwandel durch Schaffung von Parallelsystemen in Steuerungskomitees und projektorientierten Taskforces
  6. Teilweise oder völlige Zerstörung der Kultur durch eine neue Führung, die die Träger der alten Kultur eliminiert (Komplette Wende, Bankrott etc.)

An Anfang einer Kulturveränderung sollte dabei nie das Ziel der Kulturveränderung stehen. Kulturentwicklung ist kein Selbstzweck. Stattdessen geht es darum, die unternehmerischen Herausforderungen und Probleme zu kennen und zu hinterfragen, inwiefern die aktuelle Kultur die Bewältigung bzw. Lösung dieser fördert oder sogar verhindert.

Statt, wie allzu oft der Fall, defizitorientiert die kulturellen Schwächen reduzieren zu wollen, sollte die Kulturveränderung stärkenorientiert erfolgen. Statt also darauf zu fokussieren, was nun dysfunktional ist, geht es darum, auf die kulturellen Stärken zur Bewältigung der aktuellen und künftigen Herausforderungen zu fokussieren und diese stärken. Denn eine Kultur ist nie im Ganzen dysfunktional, sondern immer nur einzelne ihrer Elemente.

Welche der sechs Mechanismen zur Kulturveränderung hilfreich sein können, hängt laut Schein stark von der Reife der Organisation, der Festigung der Unternehmenskultur und der zur Verfügung stehenden Zeit ab. So kann man einem jungen Unternehmen bspw. helfen, seine Kultur zu konsolidieren und zu festigen. In reiferen Unternehmen, in denen bisherige Kulturelemente dysfunktional geworden sind, kann die Einrichtung eines „Parallelsystems“, das die funktionalen Kulturelemente erhebt, den Entwicklungsprozess gestaltet und implementiert, hilfreich sein. In ihrer kultur-prägenden Funktion können Führungskräfte und Manager identifiziert werden, die als Multiplikator der zukünftigen Kultur(elemente) agieren. In manchen Fällen, wird man wiederum auch Abschied von Trägern und Prägern der „alten“ Kultur(elemente) nehmen müssen und diesen für alle Beteiligten emotionalen und schmerzhafter Prozess behutsam gestalten.

6. Wahrheit: Was passiert bei M&As und Joint Ventures?

Zusammenführungen verschiedener Organisationen und Organisationseinheiten können analog zu interkulturellen Beziehungen und Interaktionen betrachtet werden. Dabei ist zunächst wichtig, ein Verständnis und Gefühl für die eigene Kultur und kulturelle Prägung zu entwickeln. Mit dem eigenen Selbst-Bewusstsein, gilt es offen für die Besonderheit der „Angehörigen“ der anderen Kultur zu sein, sie verstehen zu wollen und sie wertzuschätzen. Im Rahmen eines Mergers oder Joint Ventures könnten sich die Mitglieder der jeweiligen Organisation(seinheit) gegenseitig besuchen und so das Verständnis für die eigene und jeweils andere Kultur zu schärfen.

Auch hier gilt: Kultur ist ein Gruppenphänomen. Daher ist es empfehlenswert unternehmenskulturell-übergreifenden Austausch zu ermöglichen. Im Rahmen solcher Kultur-Dialoge ist es das Ziel, im Kontakt und durch Reflexion ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und – im Idealfall – sukzessive eine gemeinsame Kultur aus dem Besten beider Welten zu kreieren.

Ablauf

Ergebnis

Die sechs Prinzipien von Schein können als Leitfaden der Kulturentwicklung dienen. Die Entwicklung wird besprechbar und steuerbar, potenzielle Probleme und Fallstricke werden in den Prinzipien genannt und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.

Praxisbeispiel

Quelle

  • Edgar H. Schein (2006): Organisationskultur. The Ed Schein Corporate Culture Survival Guide.EHP.

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