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25/4/2015

Sich dem eigenen Leben verschreiben

Neulich sagte ein Kunde zu mir: „Was hast Du für ein Programm, das würde ich ja nie und nimmer so machen! So stark kann man doch gar nicht an das glauben was man macht?!“ Ich finde: Doch, das kann man. Oder vielmehr ich. Und ich finde auch: Es gibt Phasen im Leben, die sind kein Zuckerschlecken. Die Kinder (so sehr man sie liebt) lassen einen jede Nacht nur 4 Stunden schlafen. Die gut gemeinten Erziehungsversuche enden im Chaos oder jedenfalls nicht in einer guten Ordnung. Oder: Die viele (in meinem Fall) selbstgewählte Arbeit will bewältigt werden und der Tag hat dafür einfach nur 24 Stunden. Die Qual der Wahl fordert immer einen Preis. Und diesen dann tatsächlich zu bezahlen, erzeugt eben auch nicht immer nur schöne Gefühle. Auch wenn sich manchmal Müdigkeit, Lust nach Erholung oder auch Verzweiflung einstellt, erlebe ich mutige Menschen mit einer inneren Kraft ausgestattet, die das Scheitern zwar nicht ausschließt aber auf jeden Fall einschließt, dass Fehler passieren. Das also auch. Traumberuf, Traumfamilie und dann auch noch Fehler? Und wenn man sich dann noch erlaubt aus den eigenen Fehlern zu lernen, dann ist das am Ende um so schöner…

Mir selbst geht es so, dass ich je älter ich werde immer mehr ein Gefühl für mein momentanes und mein mögliches Leben bekomme. Und je mehr ich mir erlaube, das zu tun, was mir Sinn macht und wofür ich glaube hier zu sein, umso mehr fühle ich eine stärkere Überlappung des Möglichen mit dem Momentanen. Das Gefühl an sich würde ich als „stimmig“ oder „richtig“ bezeichnen. Nur dass „stimmig“ und „richtig“ nicht immer etwas mit Wellness zu tun haben. Ja, intensives berufliches Handeln macht auch mal müde. Das Familienleben und die sogenannte Kindererziehung (ich halte das übrigens für ein Märchen. Es geht hier mehr um Elternerziehung…) hat nicht nur Rosamunde Pilcher Momente zu bieten. Aber dieses Gefühl, dass all das richtig und stimmig ist verlässt mich nicht. Und dabei ist mir klar: Recht haben hat mit Stimmigkeit nichts zu tun. Ich erlebe dabei lieber den einen oder anderen Fehler in meinem Handeln und weiss was ich dabei gelernt habe, als immer nur Recht gehabt zu haben ohne etwas erlebt zu haben.Für ein erfülltes Leben stellt sich mir täglich die Aufgabe, mich genau diesem möglichen Leben immer wieder neu zu verschreiben. Die „Komfortzone“ ist eigentlich eher eine „Nicht-mehr-erleben-Zone“. Das schützt halt auch vor Schmerzen, aber es geht nicht darum, den Schmerz zu verhindern. Ich finde den ganzen Glücks-Hype dabei sehr unglücklich. Ja, ich gönne jedem sein Glück und strebe selbst danach. Es ist nur eine ziemlich unrealistische Erwartung, dass Glück etwas sei, was man dauerhaft bewahren kann. 24 Stunden am Tag / 7 Tage die Woche einfach nur Glück.

Ich glaube, das schafft man weder mit Red Bull, noch mit Drogen. Und genau die Erwartung nach dauerhaftem Glück lässt Menschen, Teams und ganze Systeme erstarren in der Hoffnung, das Glück möge nie aufhören. Ehrlich gesagt gefällt mir da der französische Begriff für Glück viel besser, weil er mir realistischer erscheint: „Bonheur“ heisst ja wörtlich übersetzt: Die gute Stunde. Und nicht 24/7. Vielleicht kann man die gute Stunde aber dann viel mehr genießen, weil im Auf und Ab des Lebens, die Aussicht auf dem Berg einen stolz und zufrieden macht, während man auf der Hochebene irgendwann den Überblick und das Hochgefühl vermisst.

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